Zur Zeit Vivaldis und Pergolesis diente das Stabat mater als Sequenz in der Liturgie des Festes der Septem Dolorum Beatae Mariae Virginis und wurde wahrscheinlich in dieser Funktion von vielen Komponisten der Zeit vertont. Für eine neapolitanische Bruderschaft, die Maria der Sieben Schmerzen geweiht war, schrieb Pergolesi sein Stabat mater, das die bekannteste seiner Kompositionen werden sollte und schon im 18. Jahrhundert durch zahlreiche Drucke grosse Verbreitung fand. Pergolesi vertonte alle zehn Strophen für zwei Stimmen (Alt und Sopran) in stilistisch stark kontrastierenden Abschnitten, in denen Duette und Soloteile abwechseln, was dem Stück einen besonders theatralischen Charakter verleiht.
Unter der Leitung von Andrea Marcon wird Pergolesis Stabat mater im Rahmen eines Programmes aufgeführt, das mit Vivaldis Stabat mater und seinen zwei Kompositionen „al santo sepolcro“ ganz im Zeichen der Passionszeit steht. Früher entstanden als Pergolesis Werk, zeigt Vivaldis Vertonung des Stabat mater eine ganz andere Konzeption, indem sich der Komponist an der Tradition der Lamento-Vertonungen orientiert und – dem vorherrschenden dramatischen Affekt des Texts entsprechend – um Mittel für die Vereinheitlichung der Kompositionsabschnitte bemüht ist. Ausdrucksvoll im Einsatz von ähnlichen affektreichen Stilelementen sind auch die sonata und sinfonia „al santo sepolcro“, über deren Entstehung bis heute nichts bekannt ist. Der Titel verweist jedoch auf eine Tradition von Musikstücken für die Karwoche und läßt sich insbesondere mit dem Wiener Genre des Oratoriums „al santo sepolcro“ assoziieren. Mit Sara Mingardo (Alt) und Silvia Frigato (Sopran) ist es den FAMB gelungen, zwei ausgewiesene Spezialistinnen für das 17. und 18. Jahrhundert zu verpflichten. Sara Mingardo tritt weltweit auf allen bedeutenden Theatern und Konzertbühnen auf. Silvia Frigato tritt regelmäßig bei großen Festivals und Konzertreihen in Italien und im Ausland auf und arbeitet mit vielen Ensembles für Alte Musik.
Agnese Pavanello