Georg Friedrich Händels Opern sind und bleiben Hauptwerke des barocken Repertoires. Kein anderer Komponist seiner Zeit konnte Musik und Theatralität auf so subtile und zugleich grossartige Weise miteinander verbinden. Die „grossen Gefühle“ haben Händel jedoch nicht nur auf der Bühne beschäftigt, sondern auch in seinem turbulenten geschäftlichen Leben. Für sein 1720 in London neu gegründetes Opernunternehmen, die „Royal Academy of Music“, engagierte er einige der grössten italienischen Gesangs-Stars des frühen 18. Jahrhunderts, darunter auch den Alt-Kastraten Senesino (bürgerlich: Francesco Bernardi), den er direkt vom glamourösen Dresdner Hof abwerben konnte. Er sang unter anderem Händels grosse Helden in Radamisto (1720), Giulio Cesare in Egitto (1724) und Rodelinda (1725), lief aber 1733 zu einer konkurrierenden Operngesellschaft in London über, womit der kommerzielle Sinkflug von Händels eigenem Unternehmen eingeläutet wurde.
Senesino war berühmt für seine Kunst, getragene, pathetische Arien auf unnachahmliche Weise geschmackvoll (das heisst mit den zugehörigen Verzierungen) zu singen und seine Bühnencharaktere glaubhaft darzustellen. Mit seinen Fähigkeiten hatte er Händel zu kompositorischen Höchstleistungen angetrieben. Die Früchte dieser Arbeit bieten unseren heutigen Countertenören ein wunderbares Repertoire, in dem sich jeder Sänger erneut spiegeln und vor dem Publikum beweisen kann. Wie stets in der barocken Oper, ist die Erfindungskraft des Komponisten dabei ebenso wichtig, wie die Präsentation durch den Gesangssolisten.
Mit Bejun Mehta konnten die FAMB eine der eindruckvollsten Stimmen unter den jüngeren Countertenören zum ersten Mal nach Basel einladen. Zusammen mit dem Freiburger Barockorchester wird er die grossen Sänger wieder aufleben lassen, denen Händel seine Musik quasi „in die Kehle“ komponiert hatte. Im Wechsel mit Instrumentalstücken aus den Opern bietet der Abend ein Pasticcio von „best off“-Werken aus Händels Feder – auch dies übrigens eine historische verbürgte Form der Konzertprogrammierung. Wir wünschen erhebende Momente und viel Vergnügen!
Thomas Drescher