Das 17. Jahrhundert zeichnet sich durch ein unerhörtes Ausmass an musikalischer Produktivität aus. Grundlegend dafür war die Notenpresse, die ihr Potential in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts voll entfaltete. Venedig hielt dabei für den Musikdruck das unangefochtene Monopol und die zahlreichen, dort ansässigen Betriebe, allen voran Gardano und Vincenti, veröffentlichten jährlich Hunderte neuer Ausgaben. In Italien wurde Musik aller Genres benötigt und entsprechend komponiert und der Umfang der Kataloge einzelner Drucker, in denen sie ihre gewaltige Auswahl bewarben, ist schier überwältigend.
Maurizio Cazzati (1616 – 1678) war ein typischer Kapellmeister Nord-italiens. Er hatte zahlreiche renommierte Posten inne, die in seiner Wahl zum Maestro an der wichtigsten und größten Kirche Bolognas gipfelten:
S. Petronio – die angesehenste Anstellung in der Stadt.
Vermutlich stiessen die Priester von Beromünster beim Durchstöbern der Auslage eines Buchhändlers auf einen von Cazzatis Drucken und erstanden ihn. Es handelte sich dabei um sein Opus 36, die Messa e salmi a cinque, das eine Messe mit Psalmen enthält und Cazzatis umfangreichste Musiksammlung darstellt.
Heutzutage konzentrieren wir uns sehr darauf, herauszufinden, wann ein bestimmtes Stück erstmals aufgeführt wurde, oder versuchen akribisch, die genauen Umstände seiner Aufführung zu ergründen. In Beromünster aber erfuhr diese Musik ein zweites Leben, weit weg vom Ursprung ihrer Komposition. Cazzati wusste darum und vertraute seine Musik absichtlich dem Druck an, damit sie so weit wie nur möglich reisen konnte – und er gab gleichzeitig die Kontrolle darüber auf, wie andere Menschen in ganz Europa sie aufführen und genießen würden.
In diesem Licht lassen wir die Messen und Psalmen von Cazzatis Opus 36 in einer einzigartigen, experimentellen Inszenierung so wiederauferstehen, wie die Menschen von Beromünster sie gehört haben würden. Diese großartige Musik, die man in S. Petronio in Bologna hörte, ist somit zur Musik des kleinen Ortes Beromünster geworden und verbindet zwei Welten miteinander, die so fern sind und nun doch so nah erscheinen.
Rodolfo Zitellini
Übersetzung: Marc Lewon