Einführungsvortrag: Prof. Dr. Pedro Memelsdorff
18.00 Uhr _ Musikwissenschaftliches Seminar der Universität Basel

in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Musikforschenden Gesellschaft (SMG)
 

Unser nächstes Konzert:

Kourou – Musik, Traum und Wirklichkeit

Französisch-Guyana, 1763–1765 Werke von François-Joseph Gossec, Philippe Hinner, M. de Tremais, Giovanni Giornovichi, Adolphe Blaise, André Ernest Modeste Grétry

Kathrin Hottiger _ Sopran
Markéta Cukrová _ Mezzosopran
Marco Angioloni _ Tenor
Marco Saccardin _ Bass

Théotime Langlois de Swarte _ Solovioline
Ayano Shigematsu _ Violine
Alaia Ferrán _ Viola
Hyngun Cho _ Violoncello
Alberto Jara _ Kontrabass
Johanna Bartz _ Traversflöte
Miriam Jorde Hompanera _ Oboe
Olga Marulanda _ Oboe
Pepe Reche _ Naturhorn
Vicent Serra _ Naturhorn
Claire-Ombeline Muhlmeyer _ Posaune
Lili Soletti _ Posaune
Adrien Muller _ Posaune
Marco Saccardin _ Theorbe
Jean-Christophe Dijoux _ Cembalo/Orgel
Angéline Sanfourche _ Einfachpedalharfe
Daniel  Munarriz _ Schlagwerk
Dídac  Moral _ Schlagwerk
Albert López Cortés _ Schlagwerk
Maite Ruiz de Erentxun _ Akkordeon

Pedro Memelsdorff _ Leitung, Programmgestaltung und musikalische Forschung

Dieses Programm erinnert an die Musik, die während einer Migra­tionskampagne gehört und teilweise erdacht wurde, die 1763–64 11‘000 Europäer aus Frankreich nach Guayana brachte. Bei den meisten handelte es sich um Bauern aus deutschsprachigen Grenzgebieten, die durch eine grösstenteils trügerische Propaganda angelockt wurden; bei vielen, aber auch um Musiker, denen man hohe Gehälter «entsprechend ihrer Qualifikation» versprach.

Auf die Märsche der zum Schutz der neuen Siedler eingesetzten Truppen und die Liebesgesänge und synkretistischen Liturgien selbstbefreiter afrikanischer Sklaven folgt ein Hauskonzert, wie es etwa in den Residenzen der Gouverneure der neuen Kolonie, ­Kourou, zu hören war. Dort trafen zwei aussergewöhnliche Komponisten zusammen: der «teuflische» Geiger M. de Tremais und das Harfe spielende Wunderkind Philippe Hinner. Ihre Begegnung hinterliess Spuren in Hinners Sonaten, die in Paris veröffentlicht wurden, nachdem das Wunderkind als Waise seiner Eltern und Geschwistern nach Europa zurückkehrte.

Denn Kourou endete tragisch: In nur einem knappen Jahr starben 9‘000 der 11‘000 Siedler an Tropenkrankheiten und mangelnder Versorgung, woraufhin die französische Regierung nach überstürzten Trauerfeiern beschloss, die Niederlage zu vertuschen und ­Kourou in eine Strafkolonie zu verwandeln. Diese beherbergte dann das grauenhafte Gefängnis Île du Diable, das gegenüber Kourous Ruinen errichtet wurde und zu dem berühmten Film ­Papillon aus dem Jahre 1973 inspirierte.

Unser Konzert endet deshalb mit drei Sätzen einer Bussmotette Grètrys, zwei Sätzen aus der wohl populärsten Totenmesse jener Zeit, Gossecs Requiem, und schliesslich mit Papillons Leitmotiv.

Hiermit möchte Kourou das universale Thema der (Un-)Freiheit ansprechen: die, der von Elend und Hoffnung getriebenen Migranten, der brutal versklavten Afrikaner oder der vergessenen Gefangenen auf einem verlassenen Felsen. Keiner dieser Umstände bleibt leider unserer Gegenwart erspart. 

Nach über dreissig Jahren anhaltendem Erfolg mit dem Ensemble MALA PUNICA, einem Ensemble, das spätmittelalterliche Repertoires und Auf­führungsweisen grundlegend revolutioniert hat, gründete Pedro Memelsdorff kürzlich das Ensemble ARLEQUIN PHILOSOPHE, ein spätbarockes/frühklassisches Ensemble, das ­Musik der französischen Karibik-Kolonien aufführt.

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