Am Anfang dieses Programms war unsere grosse Faszination für die vier Sonaten Alessandro Scarlattis mit dem Titel Sonate a quattro senza cembalo, die in ihrer Art sowohl unter Scarlattis Werken als auch in ganz Europa des beginnenden 18. Jahrhunderts einzigartig sind.
Das Cembalo, das um 1700 für eine solche Instrumentengruppe der bevorzugte Interpret des Basso continuo war, so ausdrücklich zu verbannen, ist gelinde gesagt erstaunlich.
Auf halbem Weg zwischen dem Consort und dem Streichquartett wirken diese Stücke sowohl archaisch als auch zukunftsweisend. Eine eingehendere Untersuchung zeigt, dass sie eine eigene Identität haben und keinesfalls Pastiches – ein letztes Aufflackern der Sonata da chiesa des Seicento? – oder blosse Experimente sind, weisen sie doch eine aussergewöhnlich reiche, vollkommen beherrschte Kompositionsweise auf: Scarlatti verarbeitet darin sein ganzes Können und Wissen über Harmonie und Chromatik und bringt sie zu perfekt vollendeter Form.
Al tavolino wurde im 16. Jahrhundert für Madrigale verwendet, die an einem Tisch gesungen wurden, d. h. a capella! Mit dieser Angabe stellt sich A. Scarlatti in genau diese Tradition. Man weiss aus dem Briefwechsel mit Ferdinand di Medici, dass er Palestrina verehrte und sich selbst als Erbe der ersten neapolitanischen Schule – Gesualdo, Trabaci... – sah; daher werden wir seine Sonaten in den Kontext mit diesem älteren Repertoire stellen.
Neben Alessandros Sonaten wird das Ensemble auch eine Sonate seines Bruders Francesco und eine Transkription einer Cembalosonate seines Sohnes Domenico spielen. Letztere ist vierstimmig geschrieben und im reinsten Kontrapunkt, den er von seinem Vater geerbt hat!
Das Ensemble Les Récréations widmet sich der vierstimmigen Barockmusik, von Palestrina und der Tradition des Consorts bis zu Mozart und den Anfängen der Klassik.