Don Quijote, der scharfsinnige Edelmann, der mit wehmütigem Blick in eine verklärte Vergangenheit zurückblickt, schliesslich aber doch von der prosaischen Gegenwart eingeholt wird, taucht im Spanien der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert auf. Dieser historische Moment markiert nicht nur kalendarisch ein Ende und einen Neuanfang, sondern stellt eine Epochenwende in viel umfassenderem Sinn dar. Das Goldene Zeitalter der spanischen Vormachtstellung und Kultur ist unwiederbringlich verloren, ein turbulentes Jahrhundert ist angebrochen mit ökonomischen Krisen, Rezession und Kriegen. Kulturell machen sich Pessimismus und Desillusionierung breit; zwischen Himmel und Hölle versuchen Künstlerinnen und Künstler, aus ihrer bisherigen Motivwelt von Adligen, Klerus, Raufbolden, Mantel und Degen-Geschichten, unerfüllter Liebe und Intrigen auszubrechen, hin zu einer satirisch-moralischen oder stoischen poetischen Kunst, die dann schliesslich doch wieder ihren Weg an den Hof und ins Theater findet.
Das 2003 gegründete spanische Ensemble LABERINTOS INGENIOSOS um den Gitarristen Xavier Díaz-Latorre und den Percussionisten Pedro Estevan, beim Basler Konzert im Verbund mit dem Tenor Lambert Climent, lässt diese bewegte Zeit in einem erlesenen Programm aufscheinen. Dabei erklingt einerseits eine Auswahl aus der Liedersammlung Tonos humanos des geheimnisumwitterten José Marin, über dessen abenteuerliches Leben wir hauptsächlich durch die von einem zeitgenössischen Chronisten festgehaltenen Faits divers unterrichtet sind. Ergänzt wird das Programm durch Musik der drei wichtigsten Gitarrekomponisten des 17. und frühen 18. Jahrhunderts: Francisco Guerau, Gaspar Sanz und Santiago de Murcia.
Philipp Zimmermann