Olivier Schneebeli stand von frühester Kindheit an in engem Kontakt mit der Theater- und Musikwelt. Es ist wohl kein Zufall, dass er Orchesterleitung bei Lehrern wie Pierre Dervaux (der Poulencs „Dialog der Karmeliterinnen“ uraufführte) sowie Jean-Claude Hartemann (in den 1960er Jahren einer der hauptamtlichen Dirigenten der Pariser Salle Favart) studierte. Darüber hinaus war die Begegnung mit Philippe Caillard, einem der großen Pioniere der Wiederbelebung des Chorgesangs in Frankreich, entscheidend für Schneebelis weiteren Werdegang.
Olivier Schneebeli entdeckte sehr früh seine Leidenschaft für die Barockmusik und hier insbesondere für die französische Musik des 17. und 18. Jahrhunderts; er übernahm in den 1980er Jahren die Leitung des Ensembles Contrepoint, mit dem er zahlreiche Barockmusikproduktionen erarbeitete, sowie die Leitung des Pariser Knabenchores Les Petits Chanteurs de Saint-Louis. Schon damals erwies sich Olivier Schneebeli als wahrer Repertoire-Entdecker und er wurde, gemeinsam mit dem Ensemble Contrepoint, von der französischen Fachpresse mit einem Diapason d’or für die Einspielung der Motets et Scènes sacrées von Guillaume Bouzignac ausgezeichnet. 1987 arbeitete er mit William Christie, dem Leiter des Barockensembles Les Arts Florissants, zusammen bei der Wiederentdeckung und erneuten „Uraufführung“ von Lullys Oper „Atys“.
Im gleichen Jahr übernahm er eine Leitungsassistenz bei der Chapelle Royale sowie dem Collegium Vocale Gent unter Philippe Herreweghe. Herreweghe engagierte Schneebeli erneut für die Einspielung des „Requiem“ von Fauré (das Album wurde ausgezeichnet mit einem Diapason d’or) mit dem durch die Petits Chanteurs de Saint-Louis verstärkten Chor der Chapelle Royale.
Schneebeli vertiefte seine Erfahrungen in Chorleitung in der Arbeit mit anderen Ensembles (so der Maîtrise de Chartres, am Konservatorium Gennevilliers u. a.) und arbeitete mit den bedeutendsten Dirigenten bei Barockopernproduktionen zusammen (so etwa mit René Jacobs bei Lullys Oper „Roland“); seine Kompetenzen auf dem Gebiet der Alten Musik wie auch der Stimmbildung bei Kindern und Erwachsenen bewogen Vincent Berthier de Lioncourt dazu, ihn 1991 mit der Leitung des Ensembles Les Pages & les Chantres du Centre de musique baroque de Versailles zu betrauen.
Olivier Schneebeli verantwortet seitdem die pädagogische Leitung der der Maîtrise angeschlossenen Bildungseinrichtung, die erwachsenen Sängern die Möglichkeit eines professionellen Gesangsstudiums auf Hochschulebene bietet sowie den Kindern eine speziell auf sie abgestimmte Schulausbildung im Rahmen des staatlichen französischen Schulsystems. Die Besonderheit dieser einzigartigen Institution, mit ihrer engen Verzahnung von Musik-Produktion und Lehre, wird durch seit einigen Jahren bestehende feste Partnerschaften mit den Abteilungen für Alte Musik des Konservatoriums Versailles (CRR), des Konservatoriums des Vallée de Chevreuse (CRD) sowie des Pôle Supérieur de Paris – Boulogne-Billancourt (PSPBB) noch unterstrichen. Oivier Schneebeli besitzt das französische Staatsexamen in Chorleitung; er arbeitet ebenfalls als pädagogischer Berater im Bereich der musikalischen Leitung (Vokalrepertoire des 17. und 18. Jahrhunderts) mit anderen Einrichtungen zusammen, so etwa mit dem CNSMD Lyon, der Ariam Ile-de-France, der Maîtrise de Metz, der Maîtrise de Radio-France, dem Oberlin College/USA, dem Konservatorium L’Aquila/Italien u. a.
Olivier Schneebeli hat sich als Chor- und Orchesterleiter im Zusammenwirken mit den Musikwissenschaftlern des CMBV auf die Wiederentdeckung und Bekanntmachung, sei es durch Konzerte oder mit Einspielungen, der großen Meisterwerke des geistlichen Repertoires Frankreichs im 17. und 18. Jahrhundert spezialisiert. Bei den Jeudis Musicaux, den wöchentlichen Übungskonzerten in der Versailler Chapelle royale und bei den großen Produktionen der Musiksaison des CMBV oder Gastauftritten mit Les Pages & les Chantres bei Festivals und anderen Gelegenheiten bringt er mit beiden Ensembles bisher nie aufgeführte Meisterwerke von Lully, Charpentier, Robert, Du Mont, Moulinié, Bouzignac, Formé, Rigel und anderen Komponisten zu Gehör. Seine Konzerte und Einspielungen mit zahlreichen Partner-Barockorchestern (Musica Florea, Les Folies Françoises, The English Concert, der Akademie für Alte Musik Berlin u. a.) für die Labels K617 (Liveaufnahmen) und Alpha (Studioeinspielungen) wurden bisher regelmäßig von der Fachpresse mit den höchsten Auszeichnungen bedacht (Diapason découverte, Choc du Monde de la Musique, Recommandé Classica, Grand Prix Charles Cros u. a.).
Zahlreiche renommierte Dirigenten engagierten Olivier Schneebeli und Les Pages & les Chantres für eigene Produktionen. So etwa Jean-Claude Malgoire mit La Grande Ecurie et la Chambre du Roy, Giovanni Antonini und Ton Koopman mit dem Orchestre Philharmonique de Radio-France, William Christie und Les Arts Florissants, Hervé Niquet und Le Concert Spirituel, Christophe Rousset und Les Talens Lyriques, Vincent Dumestre und Le Poème Harmonique, Jérémie Rohrer und Le Cercle de l’Harmonie u. a.
Olivier Schneebeli hat sich seit einigen Jahren auch neuen Aufgaben im Opernbereich zugewandt: Nach Lullys „Amadis“ 2010 (Inszenierung Olivier Bénézech), Mozarts „Le Nozze di Figaro“ (Inszenierung Christian Gangneron) 2011/2012 in Avignon und Massy übernahm er 2014 die musikalische Leitung bei der Neuproduktion der Tragédie lyrique „Tancrède“ von André Campra, in einer Inszenierung von Vincent Tavernier. Die Einspielung dieses Werkes erscheint im Frühjahr 2015 bei dem französischen Label Alpha – Château de Versailles Spectacles.
Aufgrund seiner fachlichen Kompetenzen und seiner Bemühungen um die musikalisch-stimmliche Ausbildung von Kindern wurde Olivier Schneebeli die Ritterwürde des französischen Ordens der Palmes académiques verliehen. Darüber hinaus ist Olivier Schneebeli Offizier des französischen Ordens Des Arts et des Lettres und Ritter des französischen Verdienstordens Ordre national du Mérite.